Es gibt unzählige Orte mit hoher Bebauungsdichte sowie mit Straßen und Plätzen, die keinesfalls lebensfördernd wirken. Ihre öffentlichen Räume aber zu zahlreich, zu groß und kahl, als dass sie Menschen zum Verweilen einladen. Mäßig dicht bebaute Stadtteile und qualitätvolle Plätze und Grünflächen sind fast immer den dichter bebauten Quartieren vorzuziehen, in denen es oft schwierig ist, attraktive öffentliche Räume zu schaffen. Viele Altstadtviertel sind geprägt durch eine Mischung aus kompakter Bebauung und schönen Plätzen, so zum Beispiel die Innenstadtbereiche von Paris und Kopenhagen. Es wird weithin davon ausgegangen, dass die Belebtheit oder Unbelebtheit einer Stadt vor allem von der Einwohnerzahl abhängt. Viele Menschen, die einen Platz in Eile überqueren, erzeugen aber nicht so viel „Leben“ wie wenige, die sich länger dort aufhalten. Fußgänger durchlaufen die Strøget, eine von Kopenhagens autofreien Haupteinkaufsmeilen, im Sommer um 35 Prozent langsamer als im Winter. Bei gutem Wetter sind in der Stadt mehr Menschen unterwegs als bei schlechtem. Sie machen dann zwar vielleicht Besorgungen in der Stadt oder treffen sich innerhalb von Gebäuden, halten sich im öffentlichen Raum aber nicht länger auf. Trotz der drastisch gesunkenen Einwohnerzahl herrscht in Venedig ein bemerkenswert hoher Belebtheitsgrad. Grund dafür ist, dass die meisten Venezianer und Touristen dort mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs sind und oft spontan stehen bleiben. Auch die Gondeln und Motorboote fahren in gemächlichem Tempo. Langsamerer Verkehr bedeutet eben automatisch lebendigere Städte. In den autogerechten Vorstädten hingegen leben zwar deutlich mehr Menschen, die jedoch wegen des schnellen Autoverkehrs nur selten längere Zeit auf Straßen oder Plätzen verweilen. Dass Tempolimits für den Autoverkehr in Wohnvierteln zu mehr Leben auf den Straßen führen, ist somit ein wichtiges Argument in der Diskussion über den Umbau von Straßen zwecks Belebung des öffentlichen Raums.